Klassenlehrerin Maureen Hennig (links) mit den Schülerinnen der REM1

Die Auszubildenden zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten REM1 des Paul-Spiegel-Berufskollegs besuchten die Justizvollzugsanstalt für Frauen in Vechta, hinter deren Toren 320 Gefangene eine Haftstrafe verbüßen.

Die Auszubildenden machten einen zweistündigen Rundgang mit einem Sozialpädagogen der JVA durch die Hauptanstalt in der Innenstadt von Vechta. Der bewusst nicht uniformierte Bedienstete beeindruckte im ausführlichen Expertengespräch mit seiner leidenschaftlichen und herzlichen Einstellung zu seinem Beruf, der sichtlich geprägt ist von Verständnis für die schwere Lebenssituationen der Frauen und Respekt den Inhaftierten gegenüber.

Neben der beeindruckenden Kulisse des alten Teils des Gefängnisses in einem ehemaligen Franziskanerkloster von 1727 hinterließ vor allem die beklemmende Stimmung in der Mutter-Kind-Abteilung einen bleibenden Eindruck. Die bunt bemalten Wände in der Mutter-Kind-Abteilung konnten die Schülerinnen nicht über die bedrückende Stimmung auf der Mutter-Kind-Station hinweg trösten.

Unter den 320 gefangenen Frauen im Alter zwischen 16 und 80 Jahren sind alle Straftaten vertreten, am häufigsten jedoch Diebstahls-, Betrugsdelikte und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Die Schülerinnen bekamen leer stehende Zellen zu sehen, wobei einige Zellen für Suizidgefährdete kameraüberwacht waren. Jede Gefangene hat ihren eigenen geregelten Tagesablauf, denn die Justizvollzugsanstalt für Frauen in Vechta bietet ein breites Spektrum an Angeboten. Die Arbeit in der Näherei, Gärtnerei oder im hauseigenen Verpackungsbetrieb und diverse Weiterbildungs-, Sport- und Therapieangebote sind Teil des Gefängnisalltags. Das Gefängnis gleicht einem kleinen Dorf mit eigener Kirche, eigenem Friseurladen, Kiosk und eigenem Ärzte-Team.

Die initiierende Klassenlehrerin Maureen Hennig freute sich über die erneute Einladung der JVA für Frauen in Vechta und betont, dass die regelmäßige Zusammenarbeit mit Justizbehörden fester Bestandteil des Lernens am Paul-Spiegel-Berufskolleg ist. „Der Bildungsgang der Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten des Paul-Spiegel-Berufskollegs setzt sich mit regelmäßiger Zusammenarbeit mit Gerichtsvollziehern, Besuchen von Gerichten und Justizvollzugsanstalten gezielt für ein praxisrelevantes und erlebbares Lernen ein, geprägt von Verständnis für alle Beteiligten am Straf- und Zivilprozess mit all seinen Facetten. Bei der jährlich stattfindenden Erkundung des Frauenvollzugs liegt unser Augenmerk gezielt auf der Entwicklung eines Verständnisses für Strafempfindlichkeit, die Trennung von der Familie und die sozialen Probleme von Inhaftierten während der Haftzeit“, so Klassenlehrerin Maureen Hennig.